Im Januar 2019 besuchten wir mit unserem Differenzierungskurs Deutsch Experimentell die Alte Synagoge Essen – zuvor hatten wir zu ehemaligen Leibniz-Schülern mosaischen Glaubens recherchiert und auch bereits im Stadtarchiv einige Informationen erhalten. Ob wir in der Synagoge mehr erfahren würden?
Direkt zu Beginn wurden wir von der Archivarin Martina Strehlen überrascht: Sie hatte sogar Fotografien der ehemaligen Schüler für uns. Doch nach dieser wunderbaren Übergabe fing unser Besuch erst richtig an, denn wir wurden unserem Guide vorgestellt: Sabrina Schensar führte uns anhand ausgewählter Exponate in die Geschichte und die Traditionen des Judentums ein. Die zwei Stunden vergingen schneller, als wir es uns vorgestellt hatten. Zuerst gelang es uns mit Hilfe von Fotos und einem maßstabsgetreu verkleinerten Modell, uns das Grundstück der Synagoge mit Vorhof und Garten vorzustellen, wie es vor der Zerstörung durch die Nationalsozialisten im November 1938 ausgesehen hatte.
Anschließend lernten wir etwas über den Thoraschrein, dem der gläubige Jude niemals den Rücken zuwenden darf. Doch die Alte Synagoge dient heutzutage als Museum, daher werden von niemandem hier komplizierte Seitwärts- und Ausfallschritte erwartet. Die Thora, der erste Teil der hebräischen Bibel, wird in zwei Rollen verwahrt und mit Sorgfalt behütet. Sollten sie dennoch beschädigt werden, müssen sie beerdigt werden.
Auf der Empore der Synagoge sind Schaukästen und Vitrinen zu den großen Festen des Judentums zu sehen: Purim, Laubhüttenfest, Chanukka, Rosch-ha-Schana und der wöchentliche Sabbat. Leider konnten wir nicht jedes Fest ausführlich besprechen, aber wir wissen nun, dass das achttägige Lichterfest Chanukka zwar in der gleichen Jahreszeit wie Weihnachten gefeiert wird, doch es fällt jedes Jahr auf eine andere Woche, denn es wird nach dem Mondkalender berechnet. Kinder spielen dabei mit einem Dreidel – einer Art Kreisel mit verschiedenen Symbolen – um Nüsse, Obst oder Süßigkeiten.
Die strikten Essensvorschriften werden von vielen Gläubigen durchaus noch eingehalten: Fleischiges sollte nicht bei Milchigem liegen. In besonders strengen jüdischen Haushalten werden sogar zwei Kühlschränke benutzt, damit auch wirklich kein Nebeneinander geschehen kann.
Am wöchentlichen Sabbat, die Zeit von Freitagabend bis Samstagabend, soll der Gläubige keiner Arbeit nachgehen. Dieser Tag ist im jüdischen Kalender der letzte Tag der Woche und erinnert an die Erschaffung der Welt durch Gott in sechs Tagen – der siebte Tag war der Ruhetag. Keiner Arbeit nachzugehen stellt manchen Gläubigen vor eine echte Herausforderung, denn es gilt auch als Arbeit, das elektrische Licht einzuschalten. In unserer Schule hätte niemand Probleme, denn es gibt in allen Fluren Bewegungsmelder. Aber so ganz streng geht es heutzutage bei vielen Gläubigen nicht mehr zu. Dennoch war es interessant, dermaßen viele Einblicke in das Judentum zu gewinnen. Wir wären gern länger geblieben!