Mit den „Chroniken von Mistle End“ begann der Schulsieg im Vorlesewettbewerb
Die Vorbereitungen zum Lesewettbewerb, der von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in seine 65. Auflage geht, begannen schon vor einigen Wochen im Deutschunterricht. Hierzu wurden alle Schülerinnen und Schüler der 6. Klassen von ihren Lehrerinnen und Lehrern auf die bundesweite Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht und an der sich jedes Jahr rund 600.000 Schüler beteiligen, vorbereitet. Jeder kann hier sein Lieblingsbuch vorstellen und eine kurze Passage daraus vorlesen.
Der Wettbewerb startet jeweils im Oktober an den Schulen und verläuft über mehrere regionale und landesweite Etappen bis zum Bundesfinale im Juni des kommenden Jahres. In den fünf Klassen der Stufe 6 waren zuvor die besten Vorleserinnen und Vorleser ermittelt worden und trafen nun in der ersten Runde aufeinander. Die vier Schülerinnen und der Schüler lasen nun aus ihrem Lieblingsbuch einige Minuten vor und wurden danach von allen Anwesenden mit frenetischem Applaus bedacht.
Im Hintergrund verteilte die Jury Punkte und achtete bei der Bewertung u.a. auf Aussprache, Betonung, Pausen und Tempo beim Vorlesen. Die Jury bestand aus Frau Hawranek als Vertretung der Unterstufenleitung, Frau Schöner von der Stadtteilbibliothek Altenessen, Herrn Suchalla als Vorstand der Alten Kirche und Herrn Classen als Mitglied des Rotary Clubs Gruga e. V. Schnell war man sich bei der Bewertung der Plätze 3 bis 5 einig. Über eine Siegerin bzw. einen Sieger konnte sich die Jury allerdings noch nicht einigen, lagen doch beide Kandidaten ganz eng beieinander. Daher mussten die Kinder draußen noch ein bisschen warten und die Aufregung wurde groß und größer.
Zu Beginn des Wettbewerbs betrat Samira die Bühne und begann mit einer Passage aus „Die Chroniken von Mistle End“ von Benedikt Mirow. Die Geschichte entführt in ein kleines, mysteriöses Dorf, das von seltsamen Vorkommnissen und Geheimnissen durchzogen ist. Samira las mit einer eindrucksvollen Klarheit und schaffte es, die düstere Atmosphäre des Buches zu vermitteln. Ihre Betonung der geheimnisvollen Elemente und der langsame, fast spürbare Aufbau der Spannung ließen das Publikum gebannt lauschen. Doch trotz ihrer gelungenen Interpretation blieb die Frage offen: Kann sie sich gegen die anderen starken Kandidaten behaupten?
Nike, ebenfalls mit dem gleichen Buch ausgestattet, stellte sich der Herausforderung und trug mit einer etwas anderen Herangehensweise vor. Sie nahm die Zuhörer nicht nur durch die Worte mit, sondern spielte mit der emotionalen Tiefe der Geschichte und den unterschiedlichen Charakteren. Ihre Lesetechnik war flüssig und gekonnt, sie variierte geschickt die Stimmen der Figuren und brachte die Magie des Buches so lebendig zur Geltung, dass der Zauber von „Mistle End“ den Raum erfüllte. Es war dieser feine Unterschied, der sie letztlich knapp zur Siegerin des Wettbewerbs machte: Ihre Darbietung war eine gelungene Balance aus Spannung und Emotion, die die Zuhörer zu fesseln wusste.
Zübeyde folgte mit einer ganz anderen Geschichte: „Plötzlich unsichtbar“ von Liz Kessler und Eva Rieker. In dieser Erzählung geht es um ein Mädchen, das plötzlich die Fähigkeit erlangt, unsichtbar zu werden. Zübeyde las mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Neugier, die den inneren Konflikt der Protagonistin spürbar machte. Die Geschichte handelt von der Suche nach Identität und der Angst, in der eigenen Welt nicht mehr gesehen zu werden. Zübeyde verstand es, diese Thematik sensibel zu vermitteln und ließ das Publikum in die Gedankenwelt der Protagonistin eintauchen.
Yassine trat mit einer humorvollen und lebhaften Lesung aus „Planet Omar – Nichts als Ärger“ auf. Die Geschichte von Omar, einem Jungen, der sich inmitten von Alltagssituationen und kulturellen Missverständnissen behaupten muss, brachte frischen Wind in den Wettbewerb. Yassine las mit einem ansteckenden Humor und einer Energie, die das Publikum mitriss. Seine Darstellung der lustigen, aber auch nachdenklichen Szenen war lebendig und sprühte vor Begeisterung.
Pia schließlich präsentierte „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler. Die Geschichte der kleinen Hexe, die trotz ihrer guten Absichten immer wieder in Schwierigkeiten gerät, ist ein Klassiker der deutschen Kinderliteratur. Pia las mit einer unaufdringlichen Wärme, die der Figur der kleinen Hexe gerecht wurde. Ihre ruhige, klare Lesart ließ die moralische Botschaft des Buches – dass wahre Größe nicht in Macht, sondern in Weisheit liegt – in den Vordergrund treten.
Am Ende war es Nike, die mit ihrer Darbietung aus „Die Chroniken von Mistle End“ das Publikum und die Jury am meisten beeindruckte. Ihr Spiel mit den Emotionen, ihre lebendige und facettenreiche Lesetechnik machten ihre Interpretation zu einer kleinen Meisterleistung. Nike gewann nicht nur durch ihre Lesefähigkeit, sondern auch durch ihre Fähigkeit, die Zuhörer auf eine spannende und mitreißende Reise durch die Seiten des Buches zu entführen.
Der Vorlesewettbewerb war nicht nur ein Test für die Lesetechniken der Teilnehmer, sondern auch ein Fest der Fantasie und Kreativität. Jede Lesung war einzigartig und spiegelte die individuelle Beziehung der Kandidaten zu ihren gewählten Büchern wider. Es war eine Erinnerung daran, wie mächtig und faszinierend Worte sein können, wenn sie mit Leidenschaft und Begeisterung vorgetragen werden.
Es gab für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer ein Buch als Preis – ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an die Kinder- und Jugendbuchverlage, die uns für unsere Rezensionen Bücher zur Verfügung stellen! Für die Siegerin des Schulentscheids – Nike Peters – geht es im nächsten Schritt am 25. Februar 2025 weiter beim Stadtentscheid.