Der Projektkurs Geschichte des Leibniz-Gymnasiums in Essen lädt zu einer außergewöhnlichen Zeitzeugenveranstaltung in die Zeche Carl ein! Anfang des Jahres haben die Schülerinnen und Schüler des Projektkurses mit Unterstützung der Karl-Arnold-Stifung eine mehrtägige Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz unternommen. Mit dem Abend möchten sie einen Einblick in ihre persönliche Auseinandersetzung mit der Shoah und dem Ort Auschwitz gewähren, einen Beitrag gegen das Vergessen leisten und ein deutliches Zeichen gegen den aktuellen Rechtsruck in unserer Gesellschaft setzen – auf eine sehr besondere Weise:
Geschichte trifft Gegenwart, Schüler trifft Zeitzeugin, Orient trifft Okzident, die Jüdin den Moslem, die Atheistin den Christen, Süd trifft Nord, alt trifft jung, Frau trifft Mann, Tradition trifft Moderne, Folklore trifft Rap, ausdrucksstarke Stimmen treffen auf geniale Musiker, Spannung trifft auf Harmonie, Herz trifft Verstand, Hamburg und Köln treffen Altenessen, die Familie Bejarano und die Microphone Mafia treffen das Leibniz-Gymnasium – ein aufregender Abend wird garantiert.
Die Zeitzeugin Esther Bejarano ging durch die Hölle von Auschwitz und Ravensbrück.
Sie spielte im Lagerorchester und erhielt so eine Möglichkeit, ihr Leben zu retten. Ihre Eltern und ihre Schwester wurden von den Nationalsozialisten ermordet.
Nach dem Krieg lebte Esther Bejarano in Israel und machte dort eine Ausbildung zur Sängerin. In den 1960er-Jahren kehrte sie nach Deutschland zurück. Hier holte sie ihre Vergangenheit in den Folgejahren ein. Nach Begegnungen mit NPD-Mitgliedern beschloss sie, sich aktiv gegen den Rechtsextremismus einzusetzen.
Sie trat auf hunderten Veranstaltungen auf, übernahm den Vorsitz des deutschen Auschwitz-Komitees, erzählt in Schulen von ihrer Zeit in Auschwitz und singt auf Konzerten mit ihren Kindern Edna und Joram gegen den Rechtsextremismus an. Esther Bejarano ist vielfach ausgezeichnete Friedensaktivistin und bekam das Große Bundesverdienstkreuz.
Seit einigen Jahren treten die Bejaranos mit der Microphone Mafia auf. Die Mitglieder der Band Rosario Pennino, Kultu Yurtseven und Önder Bardakci sind typische „Jugendliche mit Migrationshintergrund“: aufgewachsen im Kölner Arbeiterviertel wurden und werden sie zeitlebens mit Rassismus konfrontiert. Ihre Erfahrungen verarbeiten sie in ihren Musikstücken. Seit zwanzig Jahren sind sie als Microphone Mafia unterwegs und rappen auf türkisch, neapolitanisch und kölsch.
In das Projekt „Per La Vita“ – „Für das Leben“ – fließen sehr unterschiedliche Erfahrungen ein. Diese unterschiedlichen Erfahrungen aus der Vergangenheit brachten die Bejaranos und die Microphone Mafia in der Gegenwart zusammen, um sie mit anderen zu teilen, aus ihnen zu lernen und gemeinsam für eine bessere Zukunft einzutreten. „Bei dem Projekt prallen Welten aufeinander. Und dieser Aufprall soll die Menschen wachrütteln“, kommentiert Kutlu Yurtseven das Projekt.
Der Abend beginnt mit persönlichen Erfahrungsberichten der Schülerinnen und Schüler, die unterschiedlich dargeboten werden. Es folgt eine Lesung, in der Esther Bejarano von ihrer Deportation nach Auschwitz, vom Lageralltag und ihrem persönlichen Sieg über Hitler berichten wird. Die Lesung mündet in einem besonderen Konzert mit der Microphone Mafia – einem musikalischen Urknall, in dem musikalische Widersprüche harmonisch in Einklang gebracht werden. Auch wenn manche Stücke betroffen machen, so strahlen die meisten Optimismus aus, sind so vielschichtig wie das Leben selbst, und trotz aller Höhen und Tiefen ein uneingeschränktes „Ja!“ zum Leben.
Die Organisation dieser Veranstaltung reiht sich ein in zahlreiche Projekte des Leibniz-Gymnasiums gegen rechte Tendenzen in unserer Gesellschaft. In den letzten Jahren hatte die Schule bereits mehrmals die Ehre, den Zeitzeugen Sally Perel als Gast begrüßen zu dürfen. Seinen Auftrag, „Ihr habt die Geschichte noch aus erster Hand gehört – von nun an seid ihr Zeitzeugen!“, nimmt die Schulgemeinde sehr ernst. Die Anti-Diskriminierungs-AG hat sich für das Schulsiegel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ stark gemacht und versucht mit mehreren Projekten, die interkulturelle Schulgemeinschaft im Essener Norden zu stärken. Seit fünf Jahren existiert der Projektkurs „Gegen das Vergessen“, der einmal im Jahr eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz unternimmt und an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnert.
Die Schulgemeinschaft des Leibniz-Gymnasiums ist optimistisch, dass ihr mit dieser Veranstaltung erneut ein wirkungsvoller Beitrag gegen Rechtsextremismus, Intoleranz und Populismus gelingt.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung ist erforderlich. Diese kann telefonisch über das Schulsekretariat erfolgen (0201/88480230).
Ein besonderes Dankeschön gilt den Unterstützern der Veranstaltung, die durch organisatorische oder finanzielle Hilfe dazu beigetragen haben, dass diese realisiert werden kann: